Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Das Bauhaus und die Freimaurerei

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Das Bauhaus in Dessau

Freimaurer suchen immer wieder nach historisch-kulturellen Vorbildern ihres Bundes. Gehört nicht auch das Bauhaus dazu? Gerade im Jahr des 100. Gründungstages dieser legendären Hochschule und Ideenschmiede scheint die Frage nahezuliegen. Dennoch wirft die Antwort einige Probleme auf.

Vortrag des Redners der Osnabrücker Loge "Zum Goldenen Rade"

Dabei scheint der Zugang zum Bauhaus, gerade aus Sicht der Freimaurer, einfach zu sein. 1919 veröffentlicht Walter Gropius das Gründungsmanifest der neuen Hochschule und gibt gleich im ersten Satz ihr zentrales Ziel aus – Kunst und Handwerk im Zeichen einer gemeinsamen Arbeit am Bau wieder zu vereinigen. Dieses Zielt ruft bei uns Brüdern das Bild des Tempels der Humanität als Ziel gemeinsamer Arbeit auf. Dem Text von Walter Gropius – er gehört zu den legendären Dokumenten der künstlerischen Moderne – ist obendrein ein Holzschnitt von Lyonel Feininger beigegeben, der das ideelle Programm in ein Bild fasst, jenes der von Sternen bekrönten Kathedrale. Dieses Sinnbild einer stabilen, überzeitlichen Harmonie scheint die Vorstellungen der Freimaurer geradezu idealtypisch aufzunehmen.

Gehört das Bauhaus demnach in die Reihe der illustren künstlerischen Vorbilder und Entsprechungen, die wir Freimaurer immer wieder gern aufrufen, um unseren Bund kulturell und ideell besser verankert und begründet zu wissen? Mozarts „Zauberflöte“ steht dafür beispielhaft. Die Schöpfer der Oper sind Freimaurer, die Entstehungszeit sieht die Freimaurerei in voller Blüte und obendrein enthält dieses Kunstwerk ein komplettes Programm der Königlichen Kunst.

Das Bauhaus bietet sich für eine Identifikation ebenfalls scheinbar an. Es gilt heute nahezu unangefochten als zentrale Referenz für Modernität und Kreativität. Die Hochschule gliedert ihr Personal in Lehrlinge, Gesellen und Meister, Walter Gropius spricht sogar vom Bauhaus als „Loge“. Das Problem: Jenes Bild des Bauhauses, das Freimaurer adressieren, um eine Identifikation zu erreichen, entspricht nur der Frühphase der Hochschule. Obendrein ist keiner der bedeutenden Bauhäusler Mitglied unseres Bundes. Das wirft Fragen auf.

An dieser Stelle soll nicht die komplexe innere Struktur und dynamische Geschichte des Bauhauses referiert werden, eine Geschichte, die in der Abfolge der Bauhausorte Weimar, Dessau und Berlin sowie der Direktoren Walter Gropius (1919-1928), Hannes Mayer (1928-1930) und Ludwig Mies van der Rohe (1930-1933) ihr sichtbares Gerüst findet. Die Tatsache einer rapiden Wandlung des Bauhauses zwingt dazu, auch die Identifikation der Freimaurerei mit historisch-kulturellen Vorbildern neu zu denken. Es geht nicht mehr um starre Spiegelungen, sondern um dynamische Befragungen, nicht mehr um Konstellationen, sondern um Prozesse.

Auf dem Hintergrund dieser veränderten Fragerichtung lassen sich fünf Ansatzpunkte ausmachen, von denen aus das Verhältnis von Bauhaus und Freimaurerei sinnvoll diskutiert werden können:

Die hier kurz skizzierten Punkte zeigen auf, wie Freimaurer ein produktives Verhältnis zu der legendären Hochschule gewinnen können. Der Blick auf das Bauhaus sollte uns lehren, unser Verhältnis zu historisch-kulturellen Vorbildern insgesamt neu auszurichten. Dabei darf es weniger um bloße, zur Erstarrung neigende Identifikationen gehen als darum, produktive Fragen zu stellen. Es geht um Prozesse, nicht um Bestände! Das Bauhaus lehrt uns vor allem eines: nur diejenigen, die sich heute bewegen, werden morgen die Klassiker sein!

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