Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Die Farbe Blau

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© vchalup / Adobe Stock
Von Paul Franke

Blau, die Farbe des Himmels, ist auch die Farbe unseres Bundes. Im Volksmund heißt es auch: „Blau ist die Treue“. So gilt auch das Blümchen Vergissmeinnicht, wie sein Name schon sagt, als mahnende Erinnerung zur Treue. Blau spielt aber – wie alle Farben – auch in der Symbolik der Religionen der Völker eine hervorragende Rolle als Teil des Göttlichen, denn Gott – vielfach als Licht und leuchtend dargestellt – gilt als der Ursprung aller Farben.

Blau bedeutet: Die Wahrheit, der Intellekt, die Offenbarung, aber auch die Weisheit. Natürlich auch, wie der Volksmund sagt: Die Treue, die Loyalität und die Beständigkeit. Weitere Bedeutungen von Blau sind: Die Keuschheit, die keusche Zuneigung und auch der makellose Ruf. Das erinnert uns an die Antwort bei der Aufnahme eines Suchenden auf die Frage, was man sein muss, um Freimaurer werden zu können: „Ein freier Mann von gutem Ruf”.
Blau bedeutet ferner: Großmut, Klugheit, Frömmigkeit, Frieden und Kontemplation. Zeichnet das nicht auch die Arbeit im Tempel aus?

Blau ist die Farbe der großen Tiefe und auch der Kühle. Es ist die Farbe des weiblichen Prinzips und als Himmelsblau die Farbe der Großen Mutter und der Himmelskönigin. Es ist auch eine lunare Farbe – also eine Farbe, die dem Mond zugerechnet wird.
Es bedeutet aber auch die ursprüngliche Einfachheit und den unendlichen Raum, der alles umfassen kann.
In der christlichen Symbolik ist blau die Farbe der Maria als Himmelskönigin. Sie trägt einen blauen Mantel und sie steht oft auf einer Mondsichel. Blau ist hier auch die Farbe der himmlischen Wahrheit, der Ewigkeit, der Treue und des Glaubens.
Einen blauen Mantel trägt auch Indra im Hinduismus. Im Chinesischen ist es die Farbe des Azurdrachens des Ostens, des Himmels und des Frühlings.

Für den Buddhisten ist blau die Farbe der Kühle des Himmels oben und der Wasser unten, aber auch die Farbe der Weisheit.
Bei den Griechen und Römern gehörte blau als Attribut zu den herrschenden Himmelsgottheiten Zeus und Hera bzw. Jupiter und Juno, aber auch Venus hat unter anderem blau für sich erkoren.

Für die Druiden oder Kelten stand blau für einen Barden oder Dichter, bei den Indianern bedeutet es Himmel und Frieden und in der jüdischen Kabbala steht es für die Gnade.

Einzig und allein bei den Mayas hatte die sonst überall mit Frieden verbundene Farbe Blau mit der Symbolik für „die Niederwerfung eines Feindes“ eine kriegerische Bedeutung.

Blau ist aber nicht nur die Farbe des Bandes unseres Bijous und der Beamtenzeichen – auch einige weltliche Orden haben blau als Farbe der Tugend und der königlichen Würde zur Farbe ihres Ordensbandes erkoren. Um hier nur die berühmtesten zu nennen: Der englische Hosenband-Orden, der dänische Elefanten-Orden, der schwedische Seraphinen-Orden, der altfranzösische Orden des Heiligen Geistes, der polnische Orden des Weißen Adlers und der russische St.-Andreas-Orden.
Blau hat ein weites Spektrum vom tiefen Ultramarinblau bis zum hellen Azurblau und wird von uns ganz verschieden erlebt. Dunkelblau wirkt sehr nah, tief, aber auch undurchdringlich, vielleicht auch unheimlich. Hellblau oder Himmelblau dagegen weit, durchsichtig, leicht und uns öffnend.

Was meint nun die Psychologie zu dieser Farbe. Wir wissen, dass Farben nicht nur eine Bedeutung zugeordnet wird, sondern dass sie auch eine psychische Wirkung auf den Betrachter haben. Psychologisch repräsentiert blau die erregungsfreie Ruhe. Beim Betrachten von blau tritt auch eine messbare vegetative Beruhigung ein. Puls, Blutdruck, Atemfrequenz und die Wachfunktionen werden verringert – genau gegensätzlich wirkt übrigens rot, wie der Volksmund mit der Redewendung „da sehe ich rot“ schon wusste. Bei blau stellt das vegetative Nervensystem den Körper sozusagen auf Schonung und Erholung ein. Bei Kranken oder Erschöpften steigert sich das Bedürfnis nach blau. Blau erhöht die Empfindsamkeit. Was physiologisch das Bedürfnis nach Ruhe ist, ist psychologisch die Befriedigung. Befriedigung ist der Eintritt von Frieden und Zufriedenheit. Wer sich in diesem ausgeglichenen, spannungslos-harmonischen Zustand befindet, fühlt sich eingefügt, verbunden und geborgen. Darum repräsentiert blau die Bindung rund um sich herum, die Verbundenheit. „Blau ist die Treue.“ Blau als entspannte Empfindsamkeit ist die Voraussetzung für die Einfühlung in den Anderen, für ästhetisches Erleben und besinnliches Nachdenken.

Der Philosoph Schelling benutzt lauter Blausymbole, wenn er in der „Philosophie der Kunst“ schreibt: „Die Stille ist der der Schönheit eigentümliche Zustand, wie die Ruhe dem ungestörten Meere.“
Die zu blau gehörende Geschmacksempfindung ist die Süße (blaue Zuckerverpackungen!), die blau entsprechende sinnliche Empfindung ist die Zärtlichkeit, das zugehörige Organ ist die Haut. Blau bedeutet psychisch auch die selige Erfüllung des Ideals der Einheit – daher auch die „blaue Blume der Romantik“. Blau repräsentiert farbpsychologisch die urmütterliche Verbundenheit, die Treue und das Vertrauen, die Liebe und Hingabe, die zeitlose Ewigkeit und steht daher auch für die Tradition.

Wer blau als unsympathische Farbe ablehnt, bei dem sind oft Ruhebedürfnis und Sehnsucht nach vertrauensvoller Bindung unbefriedigt. Die bestehenden menschlichen oder beruflichen Bindungen werden abgelehnt, weil sie dem erwarteten Ideal nicht entsprechen und als langweilig oder lähmend empfunden werden. Die vorhandenen Bindungen belasten und deprimieren, sie werden als belastende Abhängigkeit erlebt.

Blau ablehnen bedeutet, dass man vor der entspannten Ruhe flieht, weil man glaubt, sich jetzt keine Ruhe leisten zu können um nicht auf (vielleicht scheinbar) Wichtiges verzichten zu müssen. Diese Menschen fürchten die entspannte Ruhe, weil sie befürchten, dass die entspannte Ruhe jene Erschlaffung auslösen würde, vor der sie unbewusst Angst haben; ja, die sie als Depression fürchten. Wer auch immer blau in einem psychologischen Farbtest ablehnt, entbehrt der befriedigenden Zugehörigkeit, die er doch so dringend benötigt. Als Gegenreaktion entstehen ruhelose und gespannte Unrast, ein unstetes Getriebensein und das Suchen nach äußeren Reizen, die von der Beziehungsleere ablenken sollen. Oft wird dann der Farbe Rot oder Gelb der Vorzug gegeben.

Eigentlich passt also keine andere Farbe so zu unserem Bund, wie die Farbe Blau, die ja auch, wie wir seit der beginnenden Weltraumfahrt wissen, die Farbe unseres Planeten Erde ist. Ein Astronaut sagte einmal von seiner Umlaufbahn aus über den Anblick unseres blauen Planeten: „Die Erde sieht so wunderschön aus – und so zerbrechlich.”

Mir scheint, auch die durch blau symbolisierte gemütvolle menschliche Bindung, die Freundschaft, ist so etwas Wunderschönes, aber auch Zerbrechliches. Wir müssen alles tun, um sie zu pflegen und zu beschützen, beides – die Erde und die Freundschaft.

Der Beitrag entstammt der Zeitschrift “HUMANITÄT — Das Deutsche Freimaurermagazin”, Ausgabe 1-2019.