Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Keine Verschwörung um Laurel & Hardy

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Archiv Rainer Dick

Päpste sind nicht erst seit Aufkommen des Internets eine verlässliche Projektionsfläche für Verschwörungstheoretiker. Die jüngsten „Enthüllungen“ über den ab 1939 amtierenden katholischen Oberhirten Pius XII. (1876–1958) wären mithin wenig spektakulär, stünde nicht der Pontifex gemeinsam mit den Filmkomikern Laurel & Hardy im Mittelpunkt – noch dazu mit einem angeblich freimaurerischen Hintergrund.

Benedetto Gemma, seines Zeichens Filmhistoriker aus Italien, berichtete im vergangenen Oktober in der Regionalzeitung „Messaggero Veneto“, der Heilige Vater habe die Hollywood-Stars Stan Laurel (1890–1965) und Oliver Hardy (1892–1957) zur Privataudienz gebeten, als diese 1950 in Rom ihren letzten gemeinsamen Film „Dick und Doof erben eine Insel“ vorbereiteten. Die Begegnung sei so geheim gewesen, dass weder Text- noch Bilddokumente existierten und etwaige Hinweise gar aus den vatikanischen Archiven getilgt worden seien.

Stellt sich die Frage, was an dieser Audienz so geheim, brisant oder heikel gewesen sein könnte. Kinokenner Gemma ist Mitglied der internationalen Laurel-&-Hardy-Gesellschaft „Die Wüstensöhne“ und hat an der kürzlich erschienenen italienischen Ausgabe einer Doppelbiografie mitgearbeitet. Die Frage nach den Gründen für die Geheimhaltung ist leicht zu beantworten: Sowohl der galante Südstaaten-Charmeur Oliver Hardy (in den „Dick-und-Doof“-Filmen der Korpulente) wie auch der als Schürzenjäger beständig Schlagzeilen produzierende Stan Laurel („Doof“) waren mehrfach geschieden und hatten damit das Sakrament der lebenslangen Ehe verletzt. Hardy gehörte außerdem den Freimaurern an, die von der katholischen Kirche bis heute mit Argwohn beobachtet und von Gegnern zu Unrecht der „Weltverschwörung“ bezichtigt werden. Zu ergänzen wäre, dass keiner der beiden Spaßmacher der katholischen Kirche angehörte. Gemma sieht in dieser „Sündhaftigkeit“ des Komikergespanns den Grund, warum diese Audienz unter dem Deckmantel der Geheimhaltung stattgefunden habe. Verbürgt scheint zumindest, dass Pius sich regelmäßig Filme des Duos vorführen ließ.

Es ist jedoch – wie meistens – sehr viel weniger geheimnisvoll als angenommen: Über das Zusammentreffen von Stan und Ollie mit Papst Pius berichteten italienische Zeitungen bereits im Juni 1950. „Geheim“ war dieses sicher nicht und in den Pressearchiven wurde seitdem auch nichts „getilgt“. Es handelt sich mitnichten um einen klandestinen „katholisch-komödiantischen Konvent“. Die denkwürdige Troika war schon damals den Zeitungen und Wochenschauen sowie dem jungen Medium Fernsehen eine ausführliche Berichterstattung wert.

Nachdem Laurel & Hardy sich 1945 vom US-Film zurückgezogen hatten, unternahmen sie zahlreiche triumphale Tourneen durch Europa. Überall wurde ihr Auftreten von den kriegsmüden Menschen enthusiastisch bis tumultartig gefeiert, etwa bei ihrer Ankunft im römischen Termini-Bahnhof.

Dieses Gastspiel erörterte der französische Autor Roland Lacourbe schon 1975. In seinem Standardwerk über Laurel & Hardy heißt es: „In Rom gibt man ihnen im Grand Hotel eine Suite, die üblicherweise Staatsoberhäuptern vorbehalten ist. Man erzählt sich (…), dass während ihres Besuchs im Petersdom die Menge der Gläubigen bei einer Prozession ausschert, um sich Autogramme geben zu lassen. Sicher ist, dass ihnen Papst Pius XII. eine Audienz gewährt.“

Also kein Geheimnis um Laurel & Hardy im nebulösen Dickicht zwischen Vatikan und Freimaurerlogen. Sicher ist ihre anhaltende Beliebtheit; sicher auch ihr unbestrittener Rang als bedeutendstes Komikerpaar der Filmgeschichte; sicher schließlich Hardys Beisetzung in einem für Freimaurer reservierten Areal des „Valhalla-Memorial“-Friedhofs in Hollywood. Als halbwegs gesichert dürfte auch das Faible des Papstes für ihre Filme gelten.

Nichts an alledem ist geheim, mithin musste nichts aus den Archiven „getilgt“ werden. Das Lachen über die destruktive und dennoch surreal-poetische Slapstick-Komik von Laurel & Hardy dauert seit annähernd neun Jahrzehnten an – im Himmel wie auf Erden.

Der Beitrag entstammt der Zeitschrift “HUMANITÄT — Das Deutsche Freimaurermagazin”, Ausgabe 3-2019.