Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Symposium „Brauchen wir eine neue Aufklärung?“

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(Kempten/me) Als Finissage ihrer Freimaurerausstellung „Im Geiste der Aufklärung, 230 Jahre Freimaurerei in Kempten, 300 Jahre weltweit“ lud die Kemptener Loge zum hohen Licht ins Kemptener Kornhaus.

Der Stuhlmeister Dr. Jürgen Rogalla begrüßte die Zuhörer im gut gefüllten Kornhaussaal. Er brachte seine Freude über das sehr rege Interesse an der Freimaurerausstellung zum Ausdruck. „Die Freimaurerei ist auch in Kempten in der Mitte der Gesellschaft angekommen“ sagte er. Trotz Unkenrufen im Vorfeld seien die Ausstellung und die begleitenden Veranstaltungen auch in der „katholischen südbayrischen Provinz“ ausschließlich wohlwollend aufgenommen worden.

Als Redner und Impulsgeber waren Wolfgang Böhm, Distriktredner des Distrikts Bayern der Großloge der „Alten, Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland“ sowie Helga Widmann, Altgroßmeisterin der Frauen-Großloge von Deutschland eingeladen.

Wolfgang Böhm stellte seinen Vortrag unter das Motto “Gesellschaft im Wandel. Brauchen wir eine neue geistige Aufklärung?” Er setzte als Statement, dass Aufklärung uns Freiheit gebracht hat, aber nicht die Anleitung wie man damit umgeht.  Wir erleben eine Zeit des Umbruchs, eine Zeitenwende. Die gewohnten Strukturen beginnen zu bröckeln die neuen sind noch nicht wirklich sichtbar.

Es gibt keine guten Bilder mehr davon, wie unsere Welt werden muss, sagt sinngemäß der Philosoph Sloterdijk, daher seien die Proteste heutzutage auch kein Kampf mehr für das Gute. Heutiger Protest gründe nicht im Zorn, sondern in reiner Wut, die schnell ins Zerstörerische umschlagen könne. Er spricht von Wutbanken, auf denen Bürger ihren Unmut deponieren. Blinde Wut und heiliger Zorn, sie liegen dicht beieinander und doch unterscheiden sie sich grundlegend. Beide sind elementare Zustände starker emotionaler Erregung, allerdings mit unterschiedlich aggressiver Tendenz. Die Wut, die sich Bahn bricht, entzieht sich der Kontrolle durch die Vernunft. Beim heiligen Zorn dagegen, der durchaus auch kraftvoll sein kann, bleibt der Affekt unter Kontrolle.

Die Fähigkeit kritischen Denkens und Hinterfragens, die Bereitschaft vorurteilsfrei eine andere Sichtweise in Betracht zu ziehen, die Dinge differenziert zu sehen und sich mit Argumenten inhaltlich auseinander zu setzen, das ist es, was in Logen gelernt und geübt werden kann. Wir sind es, die verantwortlich dafür sind, dass wir nicht in die selbstverschuldete Unmündigkeit zurück fallen. Genau das ist es, wohin Fundamentalismus und Fanatismus führen. Und tragen die Verantwortung dafür, welche Welt wir unseren Kindern und deren Kindern hinterlassen. Aufklärung ist für Freimaurer ein Denkprinzip, eine immerwährende Aufgabe, der wir uns stellen müssen.

Helga Widmann betonte, dass wir nicht eine neue Aufklärung brauchen, sondern eine Evolution der bisherigen; Aufklärung als ein Stück Evolution des menschlichen Denkens. Heute wird Aufklärung oft als Vergangenes empfunden. Faktisch könnte wir in einer aufgeklärten Welt leben. Wir müssen es nur wollen. Der schärfste Gegenpol der Aufklärung sei die Esoterik. Es sei viel einfacher an Mythen festhalten, die Erleuchtung in der Kabbala zu suchen, das Geheimnis der Erleuchtung zu suchen, betonte Helga Widmann. Der Mensch suche Entschädigung über Übersinnliches, Geheimlehren werden heute im Netz vielfältige Esoterische Möglichkeiten angepriesen.

All dies sei der Widerpart zum aufgeklärten Denken. Heute wird statt Dekarts „ich denke also bin ich“ abgelöst von „ich konsumiere also bin ich“, ein weiterer Ausdruck der Trägheit des Geistes. Die Liste der Freiheiten, die als Errungenschaft der Aufklärung gelten, wird abgelöst durch einseitige Selbstvervollkommnung. Ist das Konzept der Vervollkommnung gefährdet durch Selbstüberhöhung? Helga Widmann betonte, die Motivation zum Weiterführen der Aufklärung sei, Aufklärung zu praktizieren. Sie mahnte einen Perspektivwechsel vom Individuum hin zur kollektiven Verantwortung für Individuen an.

Es schloss sich eine lebhafte Diskussion an. Anschließend nutzten noch viele Teilnehmer die Gelegenheit, die Ausstellung zu besuchen.

Sonderausstellung in Kempten
Sonderausstellung in Kempten